Schlagzeilen:

Gesellschaft 4.0: Digitales Land – Digitale Kommune“:

Oberfranken ist Telemedizin-Vorreiter in Deutschland: Gesundheitsversorgung 4.0

Wallenfels: Oberfranken Offensiv e.V. führt seit zwei Jahren das vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat geförderte Projekt „Gesellschaft 4.0: Digitales Land – Digitale Kommune“ durch.

Dabei kamen von der Stadt Wallenfels im Rahmen des offenen Wettbewerbs innovative Ideen mit telemedizinischen Projekten. Man erweckte damit so viel Interesse, dass auch der Staatsminister für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat Albert Füracker vor Ort ins Caritas-Altenheim nach Wallenfels kam. Dessen Ministerium hatte das 411.000 Euro teure Projekt mit 300.000 Euro unterstützt. Dabei kündigte die Vorsitzende des Caritas Kreisverbandes Kronach Cornelia Thron an: „Wir werden das Vorbild sein, wie Pflege in der Zukunft aussieht“. Sie sprach weitere Projekte an, welche für eine bessere medizinische Versorgung sorgen und bereits in der „Schublade“ seien. Im Rahmen der vom Verein e2-health und Telemedizin Oberfranken e.V. für die Stadt Wallenfels eingereichten Projektidee und des Konzeptes der Gesundheitsregionplus des Landkreises Wunsiedel im Fichtelgebirge wird derzeit das Projekt „Gesundheitsversorgung 4.0“ realisiert. Hauptziel des Projektes ist es mit Hilfe der Digitalisierung in ländlichen Räumen wie Oberfranken einen Beitrag zur Verbesserung der allgemeinmedizinischen und hausärztlichen Versorgung von Patienten – vor allem in der Pflege – zu leisten. Beide von einer Jury ausgewählten Kommunen sind Ideengeber und Modellregionen der Online-Sprechstunde, die es in der beschriebenen Art, mit Datenzugriff auf die vorhandene digitale Pflegeakte und ergänzender Videokonsultation, bisher noch nicht gibt. Die geplante telemedizinische Anwendung wurde in Wallenfels vor allem für das Alten- und Pflegeheime „St. Elisabeth“ des Caritasverbandes modellhaft entwickelt. Kernstück ist eine Software vom fränkischen Softwareunternehmen Awesome Technologies Innovationslabor zum besseren Austausch zwischen Arzt und Altenheim, wobei der persönliche und unmittelbare Kontakt zwischen Arzt und Patienten auch in Zukunft unverzichtbar ist. Dank der Online-Sprechstunde müssen Hausarzt und Patient im Pflegeheim künftig aber nicht mehr in jedem Fall persönlich zur ärztlichen Besprechung vor Ort sein. Beim Besuch des Staatsministers führte man unter Anleitung von Matthias Fischer, dem Projektleiter von Oberfranken Offensiv im Pflegeheim eine Live-Simulation vor. Dabei kann das Pflegepersonal in der neuen digitalen Anwendung in der digitalen Pflegeakte eine Nachricht über den Gesundheitszustand erstellen und verschlüsselt an den betreuenden Hausarzt übermitteln. Dieser empfängt die Meldung in seiner Praxis am Rechner oder per Pushmeldung auch mobil. Das Lesen der Meldung wird dann dem Pfleger und Patienten signalisiert. Um die Dringlichkeit der Meldung für den Arzt zu kennzeichnen, gibt die Pflegekraft im Rahmen eines ampelähnlichen Farbsystems diese bereits an. Durch diese Farbkennzeichnung kann der Hausarzt die Meldungen priorisieren und entsprechend in seinen Praxisablauf integrieren. Eine rote Meldung bedeutet beispielsweise, dass der Arzt zeitnah, möglichst am gleichen Tag, Kontakt mit dem Patienten aufnimmt, während die niedrigste Stufe ein bis zwei Tage Zeit hätte. Gleichzeitig kann der Arzt online jederzeit in einem gesicherten Netz auf ausgewählte Daten der digitalen Pflegeakte zugreifen. Nach Auswertung dieser Daten und mit den eigenen vorhandenen Patientenakten in der Praxis hat der Arzt nun mehrere Möglichkeiten: Er kann in der neuen Anwendung eine eigene Meldung als Rückantwort an den Patienten und die Pflegekraft zurücksenden, die weitere Anweisungen oder Nachfragen enthält. Eventuell entscheidet sich der Arzt dazu seinen Patienten einen Hausbesuch abzustatten und dann seine weitere Behandlung anzupassen. Sollte ein Hausbesuch nicht unbedingt notwendig sein, aber doch ein persönliches Gespräch vom Patienten und Arzt, kann dies dann per Videosprechstunde bewerkstelligt werden. Durch die Möglichkeit des visuellen und akustischen Kontaktes mit den Patienten und dem Pflegepersonal per Videosprechstunde können die behandelnden Ärzte dann Verlaufskontrollen und Behandlungen durchführen. Dabei kann über die neue digitale Anwendung auch der Termin vereinbart werden.

Der Staatsminister bezeichnete das vorgestellte Projekt als vernünftig, trotz bester Software müsse aber immer der Mensch im Mittelpunkt stehen, sagte er. Schon heute sei es schwer ein Pflegeheim zu betreiben, dies würde sich aufgrund der Geburtenverschiebung in Zukunft noch verschärfen. Deshalb habe man schon jetzt einen ordentlichen Weg gesucht, wie man effektiv Zeit sparen und diese dann effizienter in die Pflege einsetzen kann. Insgesamt müssten die älteren Menschen flexiblere Möglichkeiten haben, um ihren Erfahrungsschatz in die Gesellschaft einzubringen. Die Politik müsse auch künftig für einen gerechten Interessenausgleich zwischen Kosten und Aufwand sorgen, damit die Pflegeplätze auch für die betroffenen Personen noch bezahlbar sind. Fabiola Maier von der Pflegedienstleitung sah einen großen Vorteil im System auch für das Pflegepersonal, welches sich damit auch rechtlich besser absichern kann. Hausarzt Ulrich Voit, der in Wallenfels eine Landarztpraxis betreibt, sprach von einen spannenden Projekt, welches den Informationsfluss und die Dokumentation erleichtere. Bürgermeister Jens Korn, der die Veranstaltung moderierte, meinte, dass man den Menschen die Angst vor der Telemedizin nehmen muss. „Wir gestalten die Digitalisierung im Gesundheitswesen aktiv mit und können eine Brücke zwischen Pflegeeinrichtungen und Hausärzten schlagen“, so Jens Korn. Die Stadt sei deshalb für Innovationen aufgeschlossen und leiste auch gerne einen finanziellen Beitrag. Sein Dank galt der Staatsregierung, welche viele notwendige Maßnahmen in der Flößerstadt mit 90 Prozent fördert. Die Ideengeberin und Begleiterin des Projekts Eva Maria Müller meinte, es müsse eine gesunde Mischung zwischen Digitalisierung und Pflege geben. In Zukunft sei der Teil „Maschine“ notwendig um den Teil Mensch zu entlasten. MdL Jürgen Baumgärtner verwies auf die großen Herausforderungen beim demografischen Wandel. Die Digitalisierung sei eine große Chance für den ländlichen Raum. Es sei deshalb höchst erfreulich, dass man mit den Förderinitiativen auch die Ziele erreicht.

2018 - Wallenfels Caritas IV (17.08.18)

Freude herrschte über die erfolgreiche Vorstellung des Projekts Gesundheitsversorgung 4.0 bei (v.l.) Cornelia Thron (Vorsitzende Caritas Kreisverband), Staatsminister Albert Füracker, MdL Jürgen Baumgärtner und Bürgermeister Jens Korn. Foto: Michael Wunder